Dieser kleine Band heißt "Ansichten zu Phönix". Phönix steht natürlich für den Vogel, der aus der Asche zu neuem Leben aufsteigt. Er ist ein Symbol des Neuanfangs, der Hoffnung.
Tatsächlich habe ich viele der hier vereinten Gedichte an einem Wendepunkt meines Lebens geschrieben, dann, wenn etwas neu anfing oder zu Ende ging. Einige Gedichte spiegeln Erwartungen wider, seltener Befürchtungen. Sie waren Versuche, die Zukunft auszuloten, eine Zukunft, die sich vielleicht dann ganz anders entwickelt hat.
Es sind viele Liebesgedichte dabei, auch wenn man sie nicht immer als solche erkennt. Einige habe ich für eine Frau geschrieben, habe sie ihr geschenkt oder für mich behalten. Ich habe sie ihr geschenkt in der Hoffnung, ihr Herz zu gewinnen, neu zu gewinnen oder zurück zu gewinnen.
Wenn Sie sich fragen, ob man mit einem Gedicht das Herz einer Frau gewinnen kann, dann kann ich Ihnen keine eindeutige Antwort darauf geben. Ein Gedicht ist wie ein Geschenk, es ist ein Zeichen, und je ehrlicher es gemeint ist, umso eher wird es angenommen werden. Aber wie ein Geschenk ist es kein Allheilmittel.
Die hier versammelten Gedichte entstanden über einen sehr langen Zeitraum. Das allererste ("Auf dem Friedhof") ist fast vierzig Jahre alt.
Ich schreibe also nicht sehr oft Gedichte. Manchmal schreibe ich über Jahre gar keines. Als Romanautor bin ich vermutlich kein besonders guter Lyriker. Aber das, liebe Leser, können Sie vermutlich selbst am besten beurteilen.
Mir geht es nicht um eine bestimmte Form oder eine besondere Art des stilistischen Ausdrucks. Für mich ist ein Gedicht eine Gefühlskonserve. Ich versuche, einen Augenblick festzuhalten, das, was ich spüre und fühle. Und wenn ich Jahre später beim Lesen eine Ahnung von dem zurückbekomme, was beim Schreiben in mir vorgegangen ist, dann ist mir das gelungen.
Ein solches Gedicht ist wie ein mit einer Nadel aufgespießter Schmetterling, ein Schmetterling, dessen Pracht man zwar nur noch erahnen kann, dies aber für alle Zeiten. Und so ist das Schreiben von Gedichten auch Teil des Kampfes wider das Vergessen, gegen die Vergänglichkeit.
Ich weiß, dass viele Menschen Gedichte schreiben. Lyrik ist vielleicht die einzige Gattung, wo mehr geschrieben als gelesen wird. Dieser Band soll alle Menschen ermutigen, weiter zu schreiben, wieder zu schreiben, anzufangen zu schreiben.
Vieles, was Sie dann (und ich) zu Papier bringen, mag banal klingen, kitschig, abgedroschen. Aber trotz aller Unzugänglichkeiten bleibt jedes Gedicht ein ehrlicher Ausdruck Ihrer selbst, etwas, was Sie immer wieder lesen und, wenn Sie den Mut haben, jemanden zum Geschenk machen können.