Der vorliegende Band enthält folgende frühe Erzählungen von Leo N. Tolstoi: Der Morgen des Gutsherrn (1852-1856) - Luzern (1857) - Albert (1858) - Drei Tode (1857/58) - Familienglück (1858/59) - Polikuschka (1861-1862) - Leinwandmesser (1856-1864, 1885). Die ausgewählten Übersetzungen stammen von Alexander Eliasberg, Raphael Löwenfeld, Karl Nötzel und August Scholz. Einleitende Anmerkungen von R. Löwenfeld und ein bibliographischer Anhang ergänzen die Edition.
Schon im Jahrzehnt vor der Eheschließung hat der russische Dichter in den genannten Dichtungen seine gesellschaftliche Stellung als Adeliger, die Folgen der Leibeigenschaft, den militärischen Zwangsdienst, das Geschick von Habenichtsen und Außenseitern, die Unentrinnbarkeit des Todes und das Leiden der Tiere zur Sprache gebracht.
Die religiöse Wandlung des reifen Tolstoi ab den späten 1870er Jahren gilt in Wirklichkeit nur jener Offenbarung, die schon den jungen Grafen aufgerüttelt hat: "Gedankenlos, wunschlos, wie es immer nach angestrengter Tätigkeit zu sein pflegt, legte er sich unter einen Baum auf den Rücken und schaute in die durchsichtigen Morgenwolken empor, die am tiefen, endlosen Himmelszelt dahinzogen. Plötzlich traten, ohne alle Ursache, Tränen in seine Augen, und Gott weiß, wie es kam, ein leuchtender Gedanke blitzte in ihm auf, der seine ganze Seele erfüllte, den er mit Wollust erfaßte - der Gedanke, daß die Liebe und das Wohltun Wahrheit und Glück ist, die einzige Wahrheit, das einzige Glück auf Erden." (Der Morgen des Gutsherrn)
Tolstoi-Friedensbibliothek
Reihe C, Band 3 (Signatur TFb_C003).
Herausgegeben von Peter Bürger.