Die vorliegende Arbeit möchte einen Einblick in die literarischen Ästhetiken Theo-dor W. Adornos und Ingeborg Bachmanns gewähren. Der vergleichende Blick auf das Oeuvre beider Autoren bietet sich insofern an, als eine theoretische Nähe beider in der Sekundärliteratur nicht selten unterstellt wird. Auffallend ist, daß sich in der Sekundärliteratur zu Adorno kaum Hinweise auf seine Bekanntschaft mit Ingeborg Bachmann finden (wohl unausgesprochen der Annahme folgend, daß seine Philosophie auf sie Einfluß ausgeübt haben könnte, ihre Arbeit als Theoretikerin aber sicher keinerlei Einfluß auf ihn), umgekehrt aber in den zahlreichen Texten zu Bachmanns literarischem Schaffen die Hinweise auf Adornos Einfluß sich häufen. Berechtigt scheint dieser einseitige Verweis auf Adornos Einfluß insofern, als dieser den philosophischen, gesellschaftskritischen und literaturwissenschaftlichen Diskurs der Nachkriegszeit wesentlich geprägt hat. Das philosophische Werk Adornos ist nicht nur quantitativ sehr umfangreich und inhaltlich von großer Komplexität, sondern darüber hinaus auch von einer rhetorischen Dichte, die immer wieder massive Kritik provozierte. Nicht selten erging an Adorno der Vorwurf, mit seinem hermetischen Duktus bewußt Unverständnis herauszufordern, über Schwächen in der Theorie hinwegtäuschen zu wollen, oder gar Erkenntnis mit dieser Form des Schreibens und Denkens völlig obsolet zu machen. Ingeborg Bachmann muß man attestieren, nicht wirklich eine Theoretikerin gewesen zu sein, und dies auch mehrmals selbst betont zu haben. Nicht zuletzt deshalb ist sie auch in diversen Interviews und Gesprächen als verschlossene, wortkarge, sogar kommunikationsverweigernde Person in Erscheinung getreten, die lieber der Dichtung als der Theorie das Wort überließ.